Das Logbuch der Runö 2015

„Runö macht beim Segeln guten Eindruck, aber erstmal gewöhnungsbedürftig, da sehr schnell.“

„Runö, Du bist die beste Seglerin, die mit uns jemals zur See gefahren ist. Wir nehmen Dich wieder mit. Danke für diesen Törn!“

…um nur 2 von den positiven Kommentaren aus den Logbüchern zu zitieren. Ich habe den Eindruck, dass unsere neue Runö jetzt in der BSV angekommen ist. Und nach den mir zugetragenen Kommentaren haben wir wieder ein Boot, das angenehm auffällt unter den vielen Großserienyachten dieser Tage. 

Die Qualität der Einträge in den Logbüchern ist wieder breit gefächert. Für jeden der ein Logbuch lesen darf/soll/muss ist eine lesbare Schrift von Vorteil. Daher hat es mir besonders gut gefallen, dass mancher Skipper einen Logbuchführer nach der Leserlichkeit seiner Handschrift auswählte. Einmal gibt es keine Liste. Segelte der Skipper allein? Ein anderes Mal hat man tagelang eine Fliege als Gast auf der Liste. Sie scheint sich wohl gefühlt zu haben – andere Crews spendeten eine Fliegenklatsche. Jeder hat so seine Art mit Gästen umzugehen.

Positiv zu vermerken ist, dass immer mehr Crews am Anfang der Reise die geübten Sicherheitsmanöver eintragen. Geübt haben das ja von jeher sicherlich schon immer alle… Gut ist es auch die Verteilung der Rettungswesten und der Wachzeiten im Logbuch zu dokumentieren. 

Im Frühjahr ist die Bundespolizei aktiv gewesen. Sie riegelte mit ihrem Boot die Hafeneinfahrt ab während weitere Beamte die Stege abgingen und Boote kontrollierten. Die Patente und den Nutzungsvertrag hatte der Skipper vorbildlich parat. Auch ein akkurat geführtes Logbuch konnten die Beamten sehen. Allerdings stellte sich heraus, dass die Schwarze Mappe nach dem Winter unvollständig an Bord gekommen war – das Schiffszertifikat fehlte. In einem Telefonat konnten die Eigentumsverhältnisse aber schnell und unbürokratisch zur allgemeinen Zufriedenheit geklärt werden und man durfte auslaufen.

Was ich bisher nur aus der Theorie kannte und für eine konstruierte Situation hielt hat eine Crew tatsächlich erlebt: Einen Sandsturm auf See! Ist das ein Zeichen der globalen Erwärmung? Nun, andere Berichte zeigen, dass die Heizung an Bord gut funktionierte – also vielleicht ist es doch noch nicht soweit.

Es gibt immer mal Schäden oder kleine Mängel an Bord. Die Auswirkungen auf den eigenen Törn und auf den der nachfolgenden Mannschaften, das handwerkliche Geschick und die vorhandenen Möglichkeiten sollten dabei die Richtschnur des Handelns sein. Kleinere Reparaturen wurden meist unterwegs unbürokratisch erledigt. Mehrmals konnte eine Unterstützung von der Basis aus helfen. Man möge sich nicht scheuen von unterwegs anzurufen. Der Eintrag „Unterliekstrecker ausgerauscht“ lässt vermuten, dass er ausgerauscht ist. Oder war er das schon bei der Ankunft an Bord? Jedenfalls sah sich die Crew nicht in der Lage die vielfach geschorene Talje wieder einzuscheren. Dafür behalf man sich mit dem 2ten Smeerreep. Eine gute Lösung für den Moment, aber schön wäre es natürlich den Mangel zu melden und der nachfolgenden Crew die Möglichkeit zu geben sich darauf vorzubereiten. (In die aktualisierte Fassung der Schwarzen Mappe ist der Unterliekstrecker nun aufgenommen und zukünftig werden die Achtknoten im Frühjahr vernäht). Eine andere Crew hat unterwegs eine Segellatte aus der Genua verloren und den Verlust unmittelbar gemeldet. So konnten die Nachfolger auf ihrer Anreise die schon bereitgestellte, neue Latte einsammeln. 

Einmal wurde auf „Segelmachernavigation“ umgestellt. D.h. von einem Hafen aus wurde ein Segelmacher ausfindig gemacht, eine telefonische Verabredung mit ihm getroffen und die Route angepasst. Der Segelmacher holte das Segel morgens auf dem Weg in die Werkstatt ab und reparierte es während an Bord gefrühstückt wurde. Anschließend brachte er das Segel zurück und die Reise konnte weiter gehen. Perfekt! Eine andere Crew las in den Logbüchern, dass immer wieder von Wasser im Schiff bei ruppiger See berichtet wurde. Sie hat die Ursache gefunden und kurzer Hand Sikaflex gekauft, das Bordwerkzeug bemüht und das Vorluk neu eingedichtet. Auch wenn die Reparatur nicht immer nach den Regeln der Kunst und endgültig erfolgt, so hilft etwas Tape manchmal mehr als Logbucheinträge immer zu wiederholen: „Die Mastmanschette ist undicht!“ war mehrfach zu lesen. Bis dann „Die undichte Mastmanschette erstmal mit Tape abgedichtet“ zu lesen war. Danach gab es keine Beschwerden mehr und im Winter wird sie erneuert.

Eine neue Gaskiste wurde zu Beginn der Saison nach den deutschen Sicherheitsvorschriften installiert. Leider passt durch ein sehr großes Absperrventil nur noch eine kleine (1,8 kg) Flasche hinein. Damit kommt man in der Regel eine Woche aus. Eine Crew hatte das Pech, dass die angeschlossene Flasche nach 5 Minuten leer war und sie nun auf der Suche nach einer neuen Reserveflasche eine Woche lang alle verfügbaren Gashändler auf ihrer Route abklappern musste. Nur um schließlich zu erfahren, dass der Vertrieb dieser Flaschengröße in Dänemark eingestellt wurde. Das Thema steht auf der Winterarbeitsliste.

Neben der Segelmacher- und der Gasflaschennavigation gibt es ja noch die viel ältere Wetternavigation. Die heutige Qualität und Verfügbarkeit der Wettervorhersagen hilft dabei enorm. Man muss sie nur abrufen und verwenden. Bei einer Reise wurde das gut dokumentiert. Sie sind rechtzeitig von Ærø nach Süden gefahren, um einem SW Sturm zuvorzukommen. Sonst hätte man zum Crewwechsel möglicherweise festgesessen. „Kiel ist ein besserer Übergabehafen als Søby“. Bei frischem SW ist man dann aber doch noch zurück nach Fehmarn gekommen. Gut gemacht!

Der Eintrag „schlechte Kontrolle der Maschine durch die Vorgänger“ wird interessant wenn er erst am 3ten Tag auftaucht und der Kühlwasserfilter erst am sechsten Tag kontrolliert wird. Man muss ja nun davon ausgehen, dass man es selbst mit der Kontrolle auch nicht so genau nimmt. Kühlwasserstand und -filter sowie den Ölstand prüft der verantwortungsvolle Skipper täglich. Auch im Sinne einer langen Lebensdauer unserer Maschine.

Von einer anderen Crew wurde „wegen anhaltenden Dieselgeruches“ immerhin schon am 2ten Tag der Niedergang weggeklappt und nach dem Motor gesehen. In die Motorbilge war Diesel gelaufen. In Abstimmung mit der Folgecrew konnte der Wechsel dann in die Werft verlegt werden, wo der Schaden schnell behoben werden konnte. Die Folgecrew hat dann „auch unter den Bodenbrettern“ geputzt um den Geruch zu beseitigen. Ganz glückte es nicht, aber die nächsten haben dann noch die Bodenbretter neben der Motorbilge hoch genommen. Die dritte Crew hat dann auch noch den restlichen Diesel aus der Saildrivemanschette entfernt und so die letzten Spuren beseitigt.

Die Handhabung des neuen Fäkaltanks war noch nicht ausreichend erprobt und beschrieben. Aber auch hier half die Kommunikation zwischen den Crews. Die richtigen Handgriffe saßen dann in der zweiten Hälfte der Saison. Die Installation wird optimiert und die Schwarze Mappe entsprechend ergänzt.

Eine Crew beschwert sich, dass die Sonne sich nicht an den Wetterbericht hält, eine andere vermerkt „6 Tage Sonne, 3x Grillen – so soll es sein“

Insgesamt freue ich mich, dass die Seite „Tagesereignisse“ im Logbuch zunehmend gefüllt wird. So kann man auch von den Erfahrungen der Vorgänger profitieren, etwas von der Stimmung an Bord mitbekommen. Einige Beispiele:

  • Man kann bei 7 Bft unter Trysegel und mit bis zur Krone eingerollter Genua noch gut aufkreuzen (Wendewinkel 100° über Grund, Speed 6,5 kn). 
  • Der Hafen von Ekenäs (Schweden) „ist undurchsichtig“ und die Liegeplätze sind anders vorzufinden als im Handbuch beschrieben.
  • Helsingborg hat sich zu einem freundlichen Hafen entwickelt und hat einen Yachtclub den zu besuchen sich lohnt.
  • Toilettencodes, WLAN-Zugänge diverser Häfen
  • In Rungsted lädt eine schöne Seebadeanstalt zu einem erfrischenden morgendlichen Bad ein. Die nächtlichen Strandparties der Ruderclubs können allerdings stören.
  • Lundeborg hat eine sehr nette Hafenmeisterin, eine netten Fischladen und ein nettes Museum (24 h geöffnet).
  • Wir können nun auch endlich wieder ein in allen Ecken sauberes Boot übergeben: Eine Crew spendete einen Staubsauger. Vielen Dank.

In der vergangenen Saison bot die Runö 96 Menschen Unterkunft und Segelspaß. Das sind 24 mehr als im Vorjahr. Dabei hatten wir mit 27% fast exakt den gleichen Anteil an Gästen. Der Anteil der Jugend blieb mit 18% ebenfalls fast gleich. Die Hälfte aller jugendlichen Crewmitglieder dieser Saison war auf der Jugendfahrt an Bord, was ja das Wesen dieser Reise ist. Die Crewstärke schwankte zwischen 4 und 9 Menschen. Durchschnittlich wurde mit 5,3 gesegelt. Es gab eine Geburtstagsfeier an Bord. Insgesamt wurden auf 16 Reisen 3530 sm zurückgelegt, 100 sm weniger als im Vorjahr. In 73% der Zeit auf See wurden 83% der Seemeilen gesegelt, den Rest musste die Maschine leisten. Die Maximalgeschwindigkeit wurde mit 15,8 kn dokumentiert (und das unter Trysegel!). Gut, da surfte man mal eine ordentliche Welle hinunter. Aber Mittelwerte über 2 Stunden von 12 kn oder 6,5 Stunden mit 9,4 kn zeigen schon eher, was für ein Geschwindigkeitspotenzial in der Runö steckt. Einmal wurde die abendliche Regatta um die letzten Liegeplätze in Ballen (Samsö) unter Segel gegen einen motorenden Mitstreiter mit Abstand gewonnen (8 kn gab dessen Maschine dann doch nicht her…). Vielleicht war man deshalb auch mit den Spalten im Logbuch nicht klar gekommen und hat statt der gesegelten Meilen immer nur den Speed dokumentiert. Das Jahresmittel sind 6 kn unter Segel. Sehr unterschiedlich ist die Zeit, die die Crews auf See verbringen. Die tägliche Segelzeit im Mittel pro Reise liegt zwischen 4 und 9 Stunden, im Mittel über alle Reisen sind es 6. In den 112 Übernachtungen in Häfen sind 10 Hafentage vermerkt, teils wegen zu viel Wind, teils um die Gegend zu erkunden. Aber meistens ging es darum der neuen Crew ein aufgeräumtes und sauberes Schiff zu übergeben.

Insgesamt waren wir 169 Tage in Dienst, 67 verschiedene Häfen wurden angelaufen (48% DK, 25% D, 17% S, 10% N). Die Besuche waren gut verteilt. Nur 1-3-mal wurde der gleiche Hafen angelaufen (Ausnahme: Kopenhagen 4x), wenn man Burgtiefe einmal außen vor lässt. Gut etabliert haben sich Crewwechsel weit abseits von Fehmarn. Der nördlichste Hafen war Oslo. Er und die schwedischen Westschären standen schon lange auf der Wunschliste. Nun wurde beides endlich erreicht. 

Man muss auch gar nicht immer weit segeln, um viele Meilen zu sammeln. Einmal wurde von Rödvig aus ein Abstecher nach Klintholm gemacht um abends wieder in Rödvig zu sein. Zumindest hatte man „immer alle Optionen offen“.

Sehr häufig wurden Tümmler gesichtet. Auch sie lieben unser schnelles Boot und umspielen gerne den Bug. Dafür ist Angeln beim Segeln passé. Es sei denn man hat es auf Tümmler abgesehen…

3x wurde ein „Schnuppersegeln“ veranstaltet, bei dem Interessierte die Runö kennen lernen konnten. Einen schönen Bericht über eine solche Fahrt konnten wir in der vorigen Flüstertüte lesen. Auch in der kommenden Saison werden wir wieder „schnuppern“. Dabei geht es nicht in erster Linie um Lustsegeln, sondern darum das Boot kennen zu lernen. Es werden Manöver unter Segel und Motor trainiert und generell der Umgang mit der Runö geübt. Termine werden so früh wie möglich bekannt gegeben.

Die jährliche Reise unserer gruppenübergreifenden Jugend zahlt sich, wie alle Jugendaktivitäten, langfristig für uns aus. Voraussichtlich wird im nächsten Jahr endlich wieder eine Crew, die aus den Jugendtörns entstanden ist erstmals alleinverantwortlich auf der Runö reisen. So wird langfristig für Runö-Nachwuchs gesorgt.

Unsere Runö liegt in der Werfthalle und wird auf die nächste Saison vorbereitet. Dafür wurden die in den Logbüchern dokumentierten Erfahrungen und Verbesserungsvorschläge in eine Winterarbeitsliste umgesetzt. Einzelne Nutzer der Runö und die Jugendcrew haben sich angeboten im Winter mit Hand anzulegen. Wir planen daher an ein bis zwei Wochenenden in diesem Winter einige der arbeitsintensiven (und damit teuren) Dinge selbst zu erledigen. Dazu sind gern noch weitere Freiwillige willkommen.