Das Logbuch der Runö 2018

Ich habe die Logbücher gelesen. Eine schöne Lektüre wenn nach den Stillen Tagen so langsam wieder Ruhe einkehrt. Viele haben ja die Angewohnheit zum Ende des Jahres hin noch einmal zurück zu blicken. Dafür eignen sich die schwarzen Bücher der Runö gut, denn dort sind echte Highlights der Saison verewigt.

Die 140ste Saison der BSV begann auf der Runö am 4 Mai mit bestem Wetter. Gleich darauf ging es mit 2-3 Bft unter Spi nach Kiel zum Nord-Ostsee-Kanal. „Das ist hoffentlich nur der Vorbote zum Sommer“ wurde bei 21°C, in Begleitung einiger Schweinswale, ins Logbuch geschrieben. Wie sehr diesem Wunsch eines Skippers stattgegeben wurde wissen wir inzwischen. Das Wort „Jahrhundertsommer“ war oft in den Zeitungen zu lesen. So konnte die Segelzeit unter Spi von 5% in 2017 auf 8% erhöht werden.

Durch die ganze Saison ziehen sich Eintragungen, die die Geschwindigkeit unserer Runö loben. So wurde einmal die durch die schnelle Reise gewonnene Zeit genutzt, um Hafenmanöver zu üben. Das bietet sich an, denn dann sind die Häfen auch noch nicht so voll, wie ein anderer feststellt. Ein anderer Logbuchführer notiert, dass man morgens ja in Ruhe ausgedehnt und gemütlich frühstücken kann, da man die Frühaufsteher ja sowieso später wieder überholt. Und dann kann man im noch leeren Hafen eben Manöver üben…s.o. Ein anderer Eintrag lautet: „Logge 11 Kn, Mittelwert 8,3 inkl. an- & ablegen“. Eine Crew schreibt nicht viel, sondern segelt einfach in 3 Tagen rund Fünen. Natürlich nicht ohne dabei die ausgedehnte Nachtruhe im Hafen zu vernachlässigen.

In dieser Saison hat die Runö ein neues Gewässer kennen gelernt. Logbucheintrag der Überführungscrew: „Auch auf der Elbe sind wir die Schnellsten“. Es war unser erster Auftritt auf dem Hamburger Hafengeburtstag („In Hamburg einlaufen ist immer wieder eine Wucht!“). Dort konnte die Runö zeigen, dass sie auch Ballett tanzen kann. Viele Balten und Gäste von nah und fern nutzten die Chance sich die Elbphilharmonie einmal vom Deck der Runö aus anzusehen. Darüber hinaus hat es Vorteile eine Koje direkt in der City von Hamburg zu haben, wenn man den Hafengeburtstag richtig mitfeiert. Die Organisatoren, der Moderator sowie der Hamburger Segler-Verband haben sich persönlich an Bord eingefunden und sich für die Teilnahme bedankt: „Die Runö ist eine Bereicherung für den Hafengeburtstag!“. Ein resignierter Eintrag im Logbuch zeigt allerdings, dass man eben in einer Stadt ist. „Barkassenkapitäne sind das Hafenäquivalent zu Taxifahrern“. Es ist aber alles gut gegangen.

Wir waren nicht nur auf diesem Hafenfest. Auch die 50-Jahrfeier in Kerteminde, die Hansesail in Rostock und die Hai-Kutter-Regatta in Nysted wurden besucht. Ob da auch Ballett gefahren wurde ist leider nicht dokumentiert. 2 neue Jugendcrews haben die Runö von der Bilge bis zur Mastspitze (passen wir unter der Brücke durch?) erforscht und für sich entdeckt. Einmal wurden gleich alle Register gezogen und eine lange dänische Insel umrundet. Spinnaker und Genaker wurden gesetzt und… (wir sind nicht überrascht) …die anderen Boote alle überholt. Ein Spi Manöver musste allerdings unterbrochen werden. Schweinswale begrüßten die neuen Seesegler und diese grüßten zurück. Man muss eben Prioritäten setzen. Ein anderes Mal kam die Feuertaufe gleich mit erheblich mehr Wind. Statt der angesagten 5-6 Bft zeigte das Anemometer plötzlich 41 Knoten! (NB: ab 42 Kn spricht man von 9 Bft!). Zum Glück war man schon kurz vor dem Hafen und der vorausschauende Skipper hatte die Segel schon bergen lassen. Die Aufgaben bestimmter Rollen sowie die Kommunikation müssen sich allerdings noch etwas einspielen. Als der Skipper einen Schooner auf Kollisionskurs entdeckt, fragt er, ob weder Rudergänger noch Ausguck ihn gesehen hätten. Die Antwort ist dokumentiert: „Wir haben ihn schon gesehen und hatten auch schon einiges an Ideen zu Ausweichmanövern, aber wir sollten doch 140° fahren“.

Zum Schluss schreiben die jungen Leute: „Wir hatten eine lehrreiche und schöne Zeit“. Ich vermute und hoffe, dass sie in der nächsten Saison wieder an Bord sein werden. Auch wenn die gerefft gesegelte Zeit mit 18% der gesamten gesegelten Zeit im Vergleich zum Vorjahr fast unverändert ist, so wird doch viel von Tagen mit wenig Wind berichtet.

Man segelt nach Windfeldern, „wie auf dem Wannsee“. Und wenn das auch nicht mehr geht, dann nutzt man die Zwangspause zum Baden, „zum Glück gibt es einen Ball an Bord“ und „Spifall ist eine prima Schaukel“. Skipper gehen dann gern einer traditionellen Tätigkeit nach: Wasserpass putzen, besonders, wenn es zu einem Hafenfest geht. Der schwache Wind hat allerdings auch Nachteile, so fiel eines Tages das geplante Dessert aus, da der Eisladen schon geschlossen hatte. Keine Sorge: An einem der nächsten Tage war wieder Wind und sie konnten ein doppeltes Eis genießen. Langweilig wurde es trotz Schwachwind selten. Die Dänen lassen sich da schon etwas einfallen. Im Großen Belt konnte eine Crew ein Hubschraubermanöver beobachten. Ein Mensch wurde auf einen sich in voller Fahrt befindlichen Frachter abgewinscht. Andere versuchten bei gutem Wind selbst ein ähnliches Manöver mit einer Drohne, von der sie zuvor wunderbare Aufnahmen unserer Runö unter Spinnaker gemacht haben. Meines Wissens sind beide anspruchsvollen Manöver fehlerfrei gelungen.

Es gab auch Wind in diesem Jahr. Eine Crew nutzte den Starkwind am Ankunftstag um den bevorstehenden Törn noch genauer zu planen, den Strand zu besuchen und anderen Schiffen beim Anlegen zu helfen. Das findet man in den großen und beliebten/belebten Häfen leider immer seltener. Und das obwohl es offensichtlich en vogue ist 46 Fuß als Ehepaar allein über die See zu navigieren. Dieses im Logbuch erwähnte Paar war jedenfalls sehr froh über die Hilfe der Runöcrew. Und vielleicht wurden ja unserem Boot dadurch auch einige fremdverschuldete Schrammen erspart. Ein anderes Mal fegte eine Front über die sicher im Hafen liegende Runö und sorgte für 30° Krängung. Gleichzeitig war der Hamburger Hbf wegen Sturmes gesperrt, wie ein früher abgereistes Crewmitglied berichtete. Die Windgeschwindigkeit wurde im Logbuch leider nicht dokumentiert, aber Kiel Leuchtturm registrierte 11 Bft.

Die Logbuchführung insgesamt war in dieser Saison erfreulich gut. Alle haben das Buch leserlich und fast alle vollständig ausgefüllt. Die Sicherheitseinweisung zu dokumentieren ist inzwischen üblich. Die Notfallrolle hingegen ist noch selten… Zum Teil wird das Buch minutiös mit jeder Wende geführt – allerdings dann der Standort nur morgens und abends angegeben. Für die Statistik musste ich dann nur noch ein paar Distanzen und Zeiten schätzen.

Es gab ein paar kleinere, ungewollte Berührungen mit anderen Booten oder dem Grund, bei denen aber nichts Schlimmes passiert ist. Einmal hat man gleich danach vorbildlich die Daten der Versicherungsscheine ausgetauscht, doch leider nicht im Logbuch dokumentiert. Bei anderen ist der Spi am Kopf abgerissen. Er wurde zum Segelmacher gebracht und die nächste Crew hat ihn dort repariert wieder abgeholt. Ich freue mich, dass wir offensichtlich niemanden in unserer Gemeinschaft haben, der meint etwas verheimlichen zu müssen. Jedem kann mal etwas passieren. Dafür sind wir versichert. Und die anderen auch.

Auch in diesem Jahr hat die WaSchPo wieder umfangreich kontrolliert. Einmal war es im NOK. Da ist es ganz einfach, denn man ist ja quasi gefangen. Es gab aber keine Beanstandungen, alle Schiffspapiere und Scheine waren vorhanden.

Der Wetterbericht, oder besser die Wetterberichte – denn es gibt ja viele dieser Tage – war nicht immer zuverlässig. Eine Crew allerdings hat ihm geglaubt und ist damit sehr gut gefahren. Sie sind extra früh gestartet um den Zielhafen rechtzeitig zu erreichen. Als die ersten kräftigen Böen loslegten, wurden die Leinen der Runö gerade über die Poller gelegt. So ließ sich das Orgelkonzert der Riggs im Hafen, zufrieden mit der Entscheidung früh zu segeln, genießen. Zu anderer Zeit fehlte der angesagte Wind aber schon mal, und man verkürzte die Tagesetappe, da man „keine Lust in der Wärme zu motoren“ hatte.

Übung ist das halbe Leben. Und auf See vielleicht sogar noch mehr. Es hat sich immer bewährt vor dem Auslaufen und am Anfang einer Reise Zeit darauf zu verwenden. So konnte einer eingespielten Crew die plötzliche und erwartete Zunahme des Windes von 4 auf 6 Bft. nichts anhaben. Kurz mal gerefft und alles war gut. Andere haben Entdeckungen gemacht:

„Reffen bring Ruhe ins Schiff, bei gleicher Fahrt“. Oder: „Auch nur unter Fock kreuzt die Runö sehr gut, 6 Bft, 7 kn FdW“. Es ist aber auch keine Schande die orangenen Segel auszupacken. Und sei es nur zur Übung. Ein anderes Mal ging ein Fender über Bord aber nach dem sofort eingeleiteten Boje-über-Bord Manöver war er gerettet. Was lehrt uns das? Wer keine Knoten übt, der muss Manöver üben? Bei einer Mütze hat es trotz eifrigen Übens leider nicht gereicht. Es muss nicht immer alles nach Lehrbuch gehen, wie es folgender Eintrag vermuten lässt: „Fest in … nach einem wundervollen Chaosanleger“

Es gab auch Dinge, die unterwegs gerichtet werden mussten. Meist waren es die Seeventile, daher wird das auch ein wichtiger Punkt für die Winterarbeit. Eine Crew wunderte sich über das schwer zu rollende Vorsegel. Tauschen der Fallen brachte Abhilfe. Einmal war die Starterbatterie nach 17 Stunden segeln leer. Die Motorelektrik zieht also doch Strom, wenn man die „Zündung“ nicht ausschaltet. Da ist es gut, wenn man den Anleger auch unter Segeln beherrscht. Die älteren Jugendlichen üben es auch schon. Aber es kommen auch wieder neue Starthilfekabel an Bord. Wie eine Crew feststellen konnte, dass das Abpumpen des Klos „auch die Verstopfung der Vorcrew“ lösen konnte ist leider nicht dokumentiert. Es gab in diesem Jahr leider auch 2 kleine Verletzungen an Bord. Einmal war beim Segel bergen die Hand des Skippers betroffen. Er war aber so vorausschauend, das in einer großen Stadt mit allen Versorgungsmöglichkeiten, zu tun. Zur Beruhigung: Der dänische Arzt diagnostizierte nur eine Verstauchung. Bei der zweiten Begebenheit wurde auf einer ruppigen Kreuz etwas unter Deck repariert. Eintrag: „2 Füße durch Werkzeugkoffer beschädigt. Man sollte schon darauf achten, dass der andere ihn auch hat“.

Manchmal kann man die Stimmung an Bord beim Lesen geradezu spüren. Der knappe Eintrag auf einem Herbsttörn, abends, nach 11 Stunden auf See fest im Hafen vertäut, lautet: „Heizung läuft, Curry-Zeit J“

Großes Lob erhielt unser neues AIS. Nicht nur von den Seglern, die z.B. dadurch die Querung des Kiel-Ostsee-Weges viel besser einschätzen konnten, sondern auch von den daheim gebliebenen, die nun die Route verfolgen konnten.

Im Sommer scheint es inzwischen gut zu sein, wenn man telefonisch einen Platz im Hafen reserviert – zumindest für die viel genutzten Häfen. Fährt man abseits der großen Routen, dann ist alles wie früher: Freie Plätze, nette, hilfsbereite Leute, kostenlose Fahrräder am Hafen und Eiskugeln werden hier noch großzügiger gezählt.

2 mal wurde geschnuppert, d.h. die Runö bekam neue Gesichter zu sehen. Besonders freut mich, dass solche Veranstaltungen Gruppen übergreifend stattfinden. So lernt man auch Menschen kennen, die vielleicht schon jahrelang im selben Verein sind, die man aber noch nie getroffen hat.

Es wurde ein ehemaliger Nutzer der Runö getroffen, der „aber nur Dornfelder aus dem Kanister hatte“. Gibt es einen Zusammenhang zwischen „ehemalig“ und „Dornfelder“…?

Nicht vergessen wurde auch unser ständiger Auftrag als Botschafter des Baltikums. So wurde die Crew eines Nachbarschiffes, alles Nicht-Balten, in die Sakuska eingeführt. Man ist ja „typenoffen“. Eine Ukulele an Bord sorgt für gute Stimmung.

Abschließend noch etwas Statistik: 2741 sm wurden auf 16 Reisen von 90 Menschen + 1 Meise in 84 Tagen zurückgelegt, 82% davon segelnd. Dabei wurden 45 verschiedene Häfen angelaufen. Am schnellsten Tag der Saison erreichte die Runö eine mittlere Geschwindigkeit von 8,7 Kn. Das mittlere Tagesmittel lag bei 5,3 Kn. Im Schnitt verbrachten die Crews 5,8 Std pro Tag auf See.

Tim Ullner